Im Rahmen ihres Engagements für die internationale Diskussion ordnungspolitischer Fragen ermöglicht die Max Schmidheiny Stiftung regelmässige Max Schmidheiny Lectures am St. Gallen Symposium. Die Lectures sollen einen Impuls setzen für die Auseinandersetzung mit Grundsatzfragen einer zukunftsfähigen Wirtschaftspolitik und für einen intensiveren Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie sind insbesondere der Leitfrage nach der Rolle individueller Freiheit und Verantwortung für wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperität gewidmet, die in der westlichen Welt nur zu leicht als selbstverständlich gesichert angenommen werden.
Als prominente Referenten im Keynote-Programm des St. Gallen Symposiums an der Universität St.Gallen (HSG) werden weltweit führende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens eingeladen, den Bogen zwischen dem jeweiligen Thema des Symposiums und aus einer liberalen Sicht drängenden Fragen der Zeit zu schlagen. Die Max Schmidheiny Lectures setzen eine lange Tradition von Grundsatzreden führender globaler Politiker, Wirtschaftsführer und Intellektueller über Kernfragen von Freiheit und Verantwortung am St. Gallen Symposium fort, die wesentlich von der jährlichen Verleihung des Freiheitspreises der Max Schmidheiny-Stiftung zwischen 1979 und 2003 ausging.
Im Rahmen der Max Schmidheiny Session am 53. St. Gallen Symposium an der Universität St.Gallen (HSG) sprach Lord Griffiths of Fforestfach, Conference Co-Chair des St. Gallen Symposiums zum Thema «Safeguarding Free Access to Information in Fragmented Societies» mit Sophia Gampp, Head des International Student's Committee (ISC).
Lord Griffiths of Fforestfach
Lord Griffiths of Fforestfach ist Mitglied des House of Lords im britischen Parlament und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender von Goldman Sachs International. Er studierte und lehrte von 1965 bis 1976 an der London School of Economics, wurde 1976 Professor an der City University und war von 1982 bis 1985 Dekan der Business School der Universität. Von 1983 bis 1985 war er Direktor der Bank of England, von 1985 bis 1990 Leiter der Policy Unit des Premierministers und Sonderberater für die Gestaltung der Innenpolitik. Lord Griffiths ist einer der drei Conference Co-Chairs des St. Gallen Symposiums.
Im Rahmen der Max Schmidheiny Session am 52. St. Gallen Symposium an der Universität St.Gallen (HSG), sprach Oleksandra Matviichuk, Friedensnobelpresiträgerin 2022 und Vorsitzende des Center for Civil Liberties gemeinsam mit dem TV-Moderator und Journalisten Ali Aslan.
Interview mit Oleksandra Matviichuk in der NZZ vom 9. Mai 2023
Artikel in der Aargauer Zeitung vom 5. Mai 2023
Oleksandra Matviichuk
Oleksandra Matviichuk ist eine unerschrockene Verfechterin der Menschenrechte, die ihr Leben dem Schutz der Demokratie gewidmet hat, insbesondere in der Ukraine und in der OSZE-Region. Derzeit ist sie Leiterin des Center for Civil Liberties, welches 2022 den Friedensnobelpreis für dessen Bemühungen um die Förderung der Menschenrechte und den Schutz der Grundrechte der Bürger sowie für seine herausragende Arbeit bei der Dokumentation von Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch erhielt. Unter ihrer Leitung hat das Center for Civil Liberties eine Vorreiterrolle bei der Förderung von Menschenrechten und der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen eingenommen, was sie zu einer wichtigen Figur im Kampf für Gerechtigkeit und Demokratie macht. In Anerkennung ihrer Verdienste wurde Oleksandra Matviichuk 2016 von 16 Delegationen der OSZE mit dem ersten Democracy Defender Award für ihren "exklusiven Beitrag zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten" ausgezeichnet. Sie erwarb 2007 ihren LL.M. an der Taras Shevchenko National University of Kyiv und nahm 2017 als erste Frau am ukrainischen Emerging Leaders Program der Stanford University teil. Aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrung im Bereich der Menschenrechte und der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen in bewaffneten Konflikten hat sie eine Reihe von Berichten für verschiedene internationale Gremien verfasst, darunter die Vereinten Nationen, den Europarat, die Europäische Union, die OSZE und den Internationalen Strafgerichtshof.
Im Rahmen des 51. St. Gallen Symposiums an der Universität St.Gallen (HSG), diskutierte Maria Ressa, Friedensnobelpreisträgerin 2021 und CEO von Rappler, als Max Schmidheiny Lecturer gemeinsam mit Christophe Deloire, Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen zum Thema "Democracy, Free Media and the Challenge of New Authoritarianism".
Die Max Schmidheiny Session fand am 5. Mai 2022 im HSG SQUARE an der Universität St.Gallen als öffentliche Veranstaltung statt.
Maria Ressa
Maria Ressa ist seit mehr als 35 Jahren als Journalistin in Asien tätig. Sie ist Mitgründerin von Rappler, der führenden digitalen Nachrichtenseite, die den Kampf für die Pressefreiheit auf den Philippinen anführt. Im Oktober 2021 hat Maria Ressa, neben Dmitri Muratow, den Friedensnobelpreis erhalten. Das Nobelpreiskomitee würdigte damit "ihren Einsatz für die Meinungsfreiheit, die eine Bedingung für Demokratie und dauerhaften Frieden ist".
Am 6. Mai 2021 hielt Prof. Michael Sandel, Anne T. and Robert M. Bass Professor of Government an der Harvard University, die Max Schmidheiny Lecture im Rahmen des 50. St. Gallen Symposiums an der Universität St.Gallen (HSG).
Die letzten Jahre waren von einem Mangel an öffentlichem Vertrauen in die liberale Demokratie und die kapitalistischen Märkte geprägt. Populistische Herausforderer haben an Grösse und Macht zugenommen. Aufbauend auf den Argumenten aus seinem jüngsten Buch "The Tyranny of Merit: What's Become of the Common Good?" untersuchte Prof. Michael Sandel die Treiber und Folgen der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen.
Prof. Michael Sandel
Prof. Michael Sandel lehrt politische Philosophie an der Harvard University, USA. Seine Werke über Gerechtigkeit, Ethik, Demokratie und Märkte wurden in 27 Sprachen übersetzt. Prof. Sandels Kurs Justice ist der erste Harvard-Kurs, der online und im Fernsehen frei zugänglich ist. Er wurde von mehreren Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen, unter anderem auch in China, wo Sandel zur "einflussreichsten ausländischen Persönlichkeit des Jahres" ernannt wurde (China Newsweek).
Am 4. Mai 2017 hielt Prof. Timothy Garton Ash, Professor für Europäische Studien an der University of Oxford, die Max Schmidheiny Lecture im Rahmen des 47. St. Gallen Symposiums an der Universität St.Gallen (HSG).
Als einer der führenden Historiker seiner Generation nahm Prof. Timothy Garton Ash das Thema des St. Gallen Symposiums 2017, „The Dilemma of Disruption“, auf und sprach zur Zukunft der freien Rede im Zeitalter der Neuen Medien.
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Prof. Timothy Garton Ash
Timothy Garton Ash (1955) studierte Moderne Geschichte an der University of Oxford und ist heute Professor für Europäische Studien an seiner Alma Mater sowie Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.
Nach seinem Studium widmete sich Timothy Garton Ash dem Widerstand des deutschen Volkes gegen das Hitlerregime und zog im Zuge dessen für mehrere Jahre nach Berlin, weshalb er heute auch fliessend Deutsch spricht. In den 80er-Jahren befasste er sich mit der Emanzipation Zentraleuropas vom Kommunismus und veröffentlichte zahlreiche Artikel in namenhaften Zeitungen. In den Folgejahren schlug er die akademische Laufbahn ein, die ihn über Washington zurück zu seiner Alma Mater führte. An der University of Oxford führt er das Dahrendorf Programme for the Study of Freedom. Zusätzlich ist er seit 2000 Senior Fellow der Hoover Institution on War, Revolution, and Peace an der Stanford University. Auch heute noch veröffentlicht Garton Ash regelmässig Artikel in Zeitungen wie dem Guardian, der Financial Times, der New York Times oder dem Wall Street Journal.
An der University of Oxford leitet Timothy Garton Ash ein Forschungsprojekt namens Free Speech Debate. Dieses Projekt befasst sich mit der Meinungsäusserungsfreiheit in einer vernetzten Welt.
Am 8. Mai 2015 hielt Prof. Daron Acemoglu, Ökonomieprofessor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), die Max Schmidheiny Lecture im Rahmen des 45. St. Gallen Symposiums an der Universität St.Gallen (HSG).
In seiner Max Schmidheiny Lecture zum Thema „Europa 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs“ analysierte Prof. Daron Acemoglu die institutionelle Entwicklung Europas seit dem Zweiten Weltkrieg sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Lösung der anstehenden Herausforderungen in Europa. Als einer der weltweit herausragenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der politischen Ökonomie von Institutionenordnungen brachte Prof. Acemoglu eine Perspektive von grosser Relevanz für ein vertieftes Verständnis der langfristigen Entwicklungsdynamik Europas in politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht in das St. Gallen Symposium ein.
Die Max Schmidheiny Lecture des Jahres 2015 – gehalten auf den Tag 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa – bot eine besondere Gelegenheit, um auf Europas Wiederauferstehung in Frieden aus den Ruinen des Weltkriegs zurückzublicken. Indem er diese eindrückliche politische, ökonomische und gesellschaftliche Erfolgsgeschichte Europas in seine umfassende theoretische und empirische Forschung zu institutionellen Entwicklungen über die Jahrhunderte einbettete, stellte Prof. Acemoglu seine Analyse in einen robusten theoretischen Rahmen.
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Prof. Daron Acemoglu
Daron Acemoglu (geboren 1967) ist Elizabeth & James Killian Professor für Ökonomie am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und einer der zehn weltweit am meisten zitierten Ökonomen. Er ist Verfasser zahlreicher wissenschaftlicher Artikel und Bücher und amtiert als Chefredaktor von Econometrica. In den vergangenen Jahren fokussierte seine Forschung auf die politische Ökonomie von Institutionenordnungen. Zusammen mit Prof. James Robinson, Politologe an der Harvard University, veröffentlichte er im Jahr 2012 den weltweiten Bestseller „Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut“. Im Jahr 2005 wurde ihm die John Bates Clark Medal verliehen, mit welcher die American Economic Association jährlich einen Ökonomen unter 40 Jahren auszeichnet, der einen herausragenden Beitrag zur ökonomischen Theorie geleistet hat. Ferner ist Prof. Acemoglu Mitglied der National Academy of Sciences (NAS). Er hält einen Master in Ökonometrie und mathematischer Ökonomie der London School of Economics (LSE), wo er auch promovierte.
Robert Collymore, Chief Executive Officer von Safaricom, dem kenianischen Mobilfunkanbieter, der sich durch seinen innovativen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in Ostafrika auszeichnet, hielt am 9. Mai 2014 die Max Schmidheiny Lecture im Kontext des 44. St. Gallen Symposiums an der Universität St.Gallen (HSG).
In seiner Max Schmidheiny Lecture legte Robert Collymore dar, wie die Rolle der Privatwirtschaft als Katalysator für ökonomischen wie sozialem Fortschritt sowie für die Entwicklung von offenen Gesellschaften dienen kann. Er hinterfragte die - aller Bekenntnisse zu nachhaltiger Wertschöpfung zum Trotz – nach wie vor ausgeprägte Distanz kritisch, welche die meisten Führungskräfte Geschäftsmodellen gegenüber hegen, die den gesellschaftlichen Beitrag des Unternehmens ins Zentrum stellen. In seinem Vortrag zeigte Robert Collymore exemplarisch auf, wie ein Unternehmen nicht den Gewinn, den es erzielt, sondern den gesellschaftlichen Unterschied, den es macht, zum Massstab seines Erfolgs nehmen kann. Dazu stellte er beispielhaft die unternehmerische Haltung von Safaricom zur Diskussion, die die Eröffnung von Lebenschancen ins Zentrum der Unternehmensmission rückt, und wie diese Haltung sich nicht nur positiv auf das soziale Umfeld, in dem das Unternehmen operiert, sondern auch auf die wirtschaftlichen Kennzahlen auswirkt.
Robert Collymore und Safaricom stehen für wirtschaftliche Entwicklung und partizipative Ansätze in funktionierenden Märkten als Voraussetzung dafür, dass Menschen ihr Schicksal in ihre eigenen Hände nehmen können. Safaricom und das von Safaricom betriebene mobilfunkbasierte Zahlungssystem M-Pesa haben als Katalysatoren für eine Vielzahl innovativer Dienstleistungen zu Gunsten grosser Teile der kenianischen Bevölkerung gewirkt, die bisher fernab formeller Marktstrukturen gelebt haben. M-Pesa ist ein Beispiel dafür, wie privatwirtschaftliche Innovationen sowohl unternehmerischen Erfolg als auch soziale Inklusion und ökonomische Partizipation für unterprivilegierte Schichten bewirken können.
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Robert Collymore
Robert Collymore (geboren 1958) ist Chief Executive Officer von Safaricom Limited, dem grössten Mobilfunkanbieter Kenias, der für das weltweit führende mobilfunkbasierte Zahlungssystem M-Pesa bekannt ist. Bevor er zu Safaricom stiess, war Robert Collymore Gesamtverantwortlicher für Corporate Affairs der Vodafone-Gruppe und hatte verschiedene Verwaltungsratsmandate in Asien und Afrika inne. In 2012 berief UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon in das United Nations Global Compact Board, einer Initiative, die die Selbstverpflichtung von Unternehmen auf die Einhaltung von Menschenrechten, Umweltstandards und Anti-Korruptionsrichtlinien bezweckt. Darüber hinaus wirkt Robert Collymore als Mitglied der UNO-Kommission für den Zugang zu lebenserhaltenden Grundgütern für Frauen und Kinder.
Der Philosoph Prof. Dr. Peter Sloterdijk hielt am 4. Mai 2012 an der Universität St.Gallen (HSG) im Rahmen des 42. St. Gallen Symposiums die Max Schmidheiny Lecture.
Die Max Schmidheiny Lecture von Prof. Dr. Peter Sloterdijk schloss das St. Gallen Symposium mit einem besonderen Höhepunkt ab. Peter Sloterdijk sprach über "Immunität und Risikobewusstsein – Stichworte zu einer Kultur des Scheiterns" und leuchtete das Symposiumsthema „Facing Risk“ aus seiner philosophischen Perspektive aus. Seine radikalen und rhetorisch brillanten Analysen über die moderne Gesellschaft, ihre Triebkräfte sowie die zukünftige Rolle des Individuums haben ihn zum wohl prominentesten deutschen Philosophen seiner Generation und einem der meist beachteten Intellektuellen Europas gemacht.
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Prof. Dr. Peter Sloterdijk
Peter Sloterdijk (geboren 1947 in Karlsruhe) studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik an den Universitäten München und Hamburg. 1971 schloss er sein Studium mit dem Magister ab. Nach seiner Promotion 1976 war er freier Schriftsteller, ehe er 1992 die Professur für Philosophie und Medientheorie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe annahm, wo er seit 2001 als Rektor amtiert und Philosophie und Ästhetik lehrt. Peter Sloterdijk nahm zahlreiche internationale Gastdozenturen wahr und leitete seit 1993 das Institut für Kulturwissenschaft an der Akademie der Künste in Wien, bis er wiederum für viele Jahre eine Professur für Kulturphilosophie und Medientheorie bekleidete.
Ayaan Hirsi Ali, die Somalisch-Niederländische Schriftstellerin, Politikerin und Frauenrechts-Aktivistin, hielt am 12. Mai 2011 an der Universität St.Gallen (HSG) im Rahmen des 41. St. Gallen Symposiums die Max Schmidheiny Lecture zum Thema "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde".
In ihrer Rede am Eröffnungsmorgen des St. Gallen Symposiums stellte Ayaan Hirsi Ali das Thema “Just Power” in den Kontext des arabischen Frühlings und der damit verbundenen Hoffnung auf Freiheit und Demokratie in einer Region, welche lange Zeit grundlegende Bürgerrechte vermissen liess und von strukturellen wirtschaftlichen Problemen gekennzeichnet ist. Die in dieser Region losgetretene Revolution gehört zu den dramatischsten Umbrüchen, welche die Welt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs erlebt hat.
Der Sturz von Diktatoren, deren Herrschaft von Brutalität, Geringschätzung gegenüber der eigenen Bevölkerung und wirtschaftlicher Ignoranz geprägt war, ist ohne jede Frage zu begrüssen. Ayaan Hirsi Ali hat jedoch wiederholt vor überzogenen Hoffnungen gewarnt. Weder entstehen aus Bürgerbewegungen per se demokratische Verhältnisse, noch kann der Sturz von Despoten ein politisches Programm für die Zukunft darstellen. Die unbeholfenen Reaktionen im Westen sprechen allerdings eine andere Sprache. Sie reichen von diffusen Hoffnungen auf einen raschen Systemwechsel bis zu unkoordinierten militärischen Interventionen.
Der Weg zu einer freiheitlichen und offenen Gesellschaft wird mit grosser Wahrscheinlichkeit von wirtschaftlichen Rückfällen, schwachen politischen Institutionen sowie Instabilität geprägt sein. Darüber hinaus muss eine wahrhafte Revolution, wie sie zum Beispiel Osteuropa erlebt hat, nicht nur die politischen und ökonomischen Verhältnisse ins Visier nehmen, sondern auch das kulturelle und religiöse Fundament der Gesellschaft. Ayaan Hirsi Ali hat darauf hingewiesen, dass ein grundlegender Wandel nur dann eintreffen könne, wenn die Kultur individueller Unterordnung in der arabischen Welt überwunden werde. Ein solcher Wandel kann nur von innerhalb der Gesellschaft kommen und auf keinen Fall von aussen erzwungen werden.
Die Hinwendung zu einer offenen Gesellschaft birgt allerdings die Gefahr, dass die erklärten Feinde dieser Entwicklung die neu gewonnenen Freiheiten für die Durchsetzung ihrer Ideen ausnützen werden. Ayaan Hirsi Ali nahm sich dieser Themen sowohl in der Max Schmidheiny Lecture wie auch in einem Workshop am St. Gallen Symposium an.
Ayaan Hirsi Ali
Ayaan Hirsi Ali (geboren 1969) ist Resident Fellow am American Enterprise Institute for Public Policy Research in Washington D.C. In dieser Position erforscht sie gegenwärtig das Verhältnis zwischen dem Islam und der westlichen Welt. Zudem ist Hirsi Ali Gründerin der AHA Foundation, welche sich dem Schutz der Rechte von Frauen in der westlichen Welt gegenüber dem militanten Islamismus und Stammesgepflogenheiten widmet. Als Tochter eines politischen Gegners der somalischen Diktatur wuchs sie im Exil auf. Nachdem Hirsi Ali mit einem Master of Arts in Politikwissenschaft an der Universität Leiden in den Niederlanden abgeschlossen hatte, arbeitete sie als Forscherin für die Wiardi Beckman Foundation in Amsterdam. Anschliessend wurde Hirsi Ali von 2003 bis 2006 als Mitglied in das niederländische Parlament gewählt, wo sie ihre Stimme als Fürsprecherin für einen aufgeklärten Islam einsetzte.
Prof. Niall Ferguson, Laurence A. Tisch Professor of History an der Harvard University und William Ziegler Professor an der Harvard Business School, hielt am 7. Mai 2010 an der Universität St.Gallen (HSG) im Rahmen des 40. St. Gallen Symposium die erste Max Schmidheiny Lecture zum Thema "Unternehmerische Freiheit im neuen globalen Finanzsystem".
Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise deckte in aller Klarheit auf, mit welcher unverminderten Aktualität und Brisanz sich die Frage nach einer nachhaltigen Rahmenordnung für eine prosperierende Wirtschaft und Gesellschaft nach wie vor stellte, die in den zwei vorangegangenen Jahrzehnten seit dem Fall der Berliner Mauer in den Hintergrund gedrängt worden war. Allenthalben wurde nach einer neuen Balance zwischen Markt und Staat, zwischen Finanz- und Realwirtschaft gerufen. Eine Konklusion schien sich schnell als Konsens festzusetzen: der Staat, der lender of last resort in der Krise, soll stärker regulieren und die Finanzwirtschaft, die aufgrund schwerwiegender Fehlentwicklungen beinahe kollabiert wäre, massiv eingrenzen. Kritische Fragen nach der Grenze der staatlichen Handlungsfähigkeit, nach dem komplexen Verhältnis zwischen Finanzsystem und Realwirtschaft oder nach der Basis für individuellen und gesellschaftlichen Wohlstand in einer globalen, wissensbasierten Wirtschaft wurden weitgehend ausgeblendet.
Als Historiker von Weltruf und führender Beobachter der geschichtlichen und aktuellen Entwicklung des globalen Wirtschafts- und Finanzsystems griff Niall Ferguson einige dieser zu wenig beleuchteten Aspekte kritisch auf. In seiner Forschung und in seinen Publikationen hatte sein Augenmerk schon lange auf den Wechselwirkungen zwischen der evolutionären Dynamik des Finanzsystems und der politischen wie gesellschaftlichen Entwicklung sowie auf dem vielschichtigen Gewebe der unterschiedlichen Akteure in Finanzmarkt, Politik, Militär, Wissenschaft und Gesellschaft gelegen.
Mit der Max Schmidheiny Lecture zum Thema „Unternehmerische Freiheit im neuen globalen Finanzsystem“ schlug Niall Ferguson die Brücke zwischen den Diskussionen am 40. St. Gallen Symposium, das sich der Rolle von Unternehmern im wirtschaftlichen Wandel annahm, und der Kernfrage der zukünftigen Rahmenordnung der globalen Wirtschaft.
Prof. Niall Ferguson
Prof. Niall Ferguson ist der Laurence A. Tisch Professor für Geschichte an der Harvard University und William Ziegler Professor an der Harvard Business School. Er ist ein regelmässiger Kommentator zeitgenössischer Politik und Wirtschaft und Autor mehrerer preisgekrönter Bücher. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören der GetAbstract International Book Award (2009) und der Benjamin Franklin Prize for Public Service (2010). Im Jahr 2004 wurde er vom Time Magazine zu einem der 100 einflussreichsten Menschen der Welt ernannt. Prof. Niall Ferguson erwarb seinen Doktortitel in Philosophie am Magdalen College in Oxford, GB.